Praxis: Wie Bindung entsteht

Gerade im ersten Lebensjahr ist es wichtig, auf Bedürfnisse zu reagieren, um dem Kind die Liebe Gottes spürbar zu zeigen und ihm Sicherheit zu geben. Mary Ainsworths Feinfühligkeitskonzept, ein zentraler Aspekt ihrer Bindungstheorie, betont die entscheidende Rolle der elterlichen Feinfühligkeit für die Entwicklung einer sicheren Bindung zwischen Kind und Bezugsperson.

Das Feinfühligkeit beinhaltet die Fähigkeit der Bezugsperson, die nonverbalen Signale des Kindes wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und angemessen darauf zu reagieren. Frühe Erfahrungen prägen das Bindungsmuster des Kindes und haben langfristige Auswirkungen auf seine zukünftigen Beziehungen zu anderen Menschen und auch Gott gegenüber.

Nun zu der Entwicklung, die Gott in das junge Leben hineingelegt hat: Während das Neugeborene noch weitgehend gleich auf diejenige reagiert, die seine Bedürfnisse stillen, ist es zunehmend an bestimmte Personen gebunden. Den Höhepunkt erreichen sie in der Phase der spezifischen Bindung, bei der die Nähe der Eltern wichtig ist.

Bindung entwickelt sich in mehreren Phasen:

  1. Angeborene Verhaltensweisen (0-2 Monate): Neugeborene zeigen reflexartige Verhaltensweisen, um Aufmerksamkeit und Fürsorge zu gewinnen. Diese Verhaltensweisen sind noch nicht an spezifische Personen gebunden. Großeltern und Bekannte können hier noch recht unkompliziert eingebunden werden.
  2. Emotionale Resonanz (2-7 Monate): Säuglinge beginnen bewusst soziale Signale zu senden, entwickeln eine erste Form der Bindung und suchen aktiv Nähe. Sie beginnen, Menschen zu unterscheiden. Säuglinge unterscheiden Personen und senden bewusst soziale Signale wie Lächeln und Lallen, entwickeln eine erste Form der Bindung und suchen aktiv die Nähe ihrer Bezugspersonen.
  3. Spezifische Bindung (ab 7 Monate): Kinder entwickeln stärkere Bindungen zu Hauptbezugspersonen (oft die Mutter), zeigen Trennungsangst und erkennen eine sichere Basis für die Erkundung der Welt. Oft wird die Phase auch als Fremdelphase bezeichnet. Die Bezugspersonen werden als sichere Basis erkannt, von der aus das Kind die Welt erkunden kann.

Der Höhepunkt des Fremdelns endet meist im Alter von ca. 2 Jahren. Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist es in dieser Phase sehr ungünstig, neue Bezugspersonen einzubringen. Eine behutsame Eingewöhnung ist ggf. unerlässlich.

Gerade in der Phase der Bindung ist es wichtig, auf Bedürfnisse zu reagieren, um dem Kind die Liebe Gottes spürbar zu zeigen und ihm Sicherheit zu geben. Mary Ainsworths Feinfühligkeitskonzept, ein zentraler Aspekt ihrer Bindungstheorie, betont die entscheidende Rolle der elterlichen Feinfühligkeit für die Entwicklung einer sicheren Bindung zwischen Kind und Bezugsperson.

Das Feinfühligkeits-Konzept umfasst mehrere Dimensionen: Sensibilität, prompte Reaktion, angemessene Reaktion und Konsistenz. Sensibilität bedeutet, Empathie zu zeigen und aufmerksam auf die nonverbalen Signale des Kindes einzugehen. Eine prompte Reaktion beinhaltet das zeitnahe Eingehen auf die Bedürfnisse des Kindes, um Frustration oder Angst zu vermeiden. Die angemessene Reaktion berücksichtigt individuelle Präferenzen und den Entwicklungsstand des Kindes. Konsistenz zeigt sich in einem verlässlichen Verhalten, das dem Kind eine sichere Basis für Exploration, Sicherheit und Entwicklung bietet. Eine feinfühlige Beziehung ermöglicht es dem Kind, Vertrauen aufzubauen, ihre Emotionen zu regulieren und eine sichere Basis für die Erkundung der Umwelt zu haben.

Ein Kleinkind lernt, zu warten, und bei einem Teenager müssen Eltern nicht mehr sofort reagieren. Es kann mit Erklärungen leben. Beim Säugling ist das anders. Das Baby kommt aus einem warmen, sicheren Zuhause im Bauch der Mutter und muss lernen, mit Hunger oder Kälte umzugehen, was am Anfang beängstigend sein oder sogar Todesängste auslösen kann. In den ersten Monaten ist schnelles Reagieren wichtig. Wer hier schon zwanghaft „erziehen“ möchte, dem Kind die Nahrung oder Sicherheit verweigert, wenn es schreit, stärkt diese existenziellen Ängste. Kinder spüren, ob sie wichtig sind und wir uns Zeit für sie nehmen, wenn sie es brauchen, oder nur, wenn es uns gerade passt. Wenn wir uns herausreißen lassen, um sie kümmern, ohne uns kommandieren zu lassen, können wir unseren Kinder Gottes Liebe zeigen.