Tool #6: Die Schutzvorrichtung: Bewahren und Beschützen

Im Alltag errichten Eltern Treppengitter oder einen Steckdosenschutz. Sie räumen Gefahren aus dem Weg und verhindern, dass ihre Kinder auf die Straße rennen. Der Schutz bezieht sich aber nicht nur auf physische Gefahren. Sie installieren Apps die verhindern, dass ältere Kinder mit Gewalt und Pornographie konfrontiert werden und sie verhindern Freundschaften, durch die Kinder gefährdet werden.

Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.

Sprüche 4,23

Es gilt also nicht nur auf physische Lebensräume zu achten, sondern auch auf die emotionale und geistige Umwelt des Kindes zu achten.

Bereiche des Schutzes

Kinder brauchen eine sichere Umgebung, in der sie vor Gefahren geschützt sind. Die sichere Basis gibt ihnen die Freiheit, zu erkunden. Sie werden vor Unfällen genauso geschützt, wie vor dem Anblick von angstmachender Gewalt. Christliche Eltern beschützen ihre Kinder auch geistlich. Der Pädagoge A. Flitner unterscheidet drei Bereiche, in denen Kinder Schutz brauchen.

Lebensräume

Kinder brauchen physischen Schutz, um sicher zu sein. Sie dürfen nicht auf die Straße laufen oder sich zu Hause verletzen. Aber sie sollen auch ihre Umgebung erforschen und ihre eigenen Grenzen lernen. Wenn wir wesentliche Gefahren beseitigen, können sie die Welt erkunden. Wenn Steckdosen nicht abgesichert sind, in Schränken zahlreiche Gefahren lauern und die offene Tür direkt zur Hauptstraße zeigt, bleibt den Eltern nichts anderes als zu „verbieten“ und den Erkundungsdrang des Kindes zu unterbinden. Schutz gibt also gleichzeitig Freiheit. Darum beseitigen wir die größten Gefahren.

Andererseits kann das Ganze auch übertrieben werden, denn gerade durch Gefahren lernen Kinder. Wenn Kinder ihre Grenzen nicht ausprobieren können, wissen sie nicht, was sie sich zutrauen können. Darum ist es fatal, wenn sie ständig davon abgehalten werden, auf Klettergerüste zu steigen, weil sie in den Sand fallen könnten. In der Folge werden sie später entweder überängstlich und initiativschwach oder überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten. Besser ist es, wenn sie ausprobieren und hinfallen, solange sich die Schmerzen in Grenzen halten. Das gesteigerte Sicherheitsbedürfnis, genormte und abgegrenzte Spielorte nehmen Kindern wichtige Erfahrungsräume.

Die Ärztin Emmi Pikler beobachtete in ihrer Praxis, dass gerade gut behütete Kinder zahlreiche Unfälle hatten und mit Verletzungen zu ihre gebracht wurden. Sie wurden von ihren Eltern von sämtlichen Gefahren abgeschirmt, konnten sich schlecht einschätzen und hatten nicht gelernt zu fallen. Motorisch waren sie unbeweglicher und anfälliger für Unfälle. Die motorischen Grundlagen werden in den ersten beiden Jahren gelegt. Wer die Kinder in diesem Alter auf dem Spielplatz ausbremst, kann später im Kindersport die Defizite nur noch bedingt ausgleichen. Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickelte sie ein pädagogisches Konzept für Kinder unter drei. Bekannt sind dabei vor allem die Pikler-Materialien.

In unserem Wohnzimmer haben wir für unsere Krabbelkinder bewusst 2-3 Stufen bereitgestellt. Treppengitter wurden erst auf der dritten Stufe angebracht, damit unsere Kinder lernen konnten, vor- und rückwärts zu krabbeln. Einige wenige Male sind sie auch gefallen. Wir haben ihnen gut zugeredet und ihren Versuch gewürdigt. Das hat nicht nur ihre motorische Entwicklung gefördert, sondern ihnen auch geholfen, die Gefahr realistisch einzuschätzen. Manchmal sind sie heruntergefallen, aber wir haben sie getröstet, wenn es weh tat. Und sie haben es gelernt so zu fallen, dass die Schmerzen dabei begrenzt waren. Wir haben die begrenzte Gefahr in Kauf genommen, aber nicht die Gefahr, dass sie ein ganzes Stockwerk herunterfallen.

Emotionale Sicherheit

Bereits junge Kinder werden miteinander verglichen: Wer spricht zuerst? Welche Kind ist am klügsten? Und wer rechnet besser oder spielt schon ein Instrument? Kinder werden in einer Leistungsgesellschaft von Erziehern, Lehrern und Eltern beurteilt. Sie lernen schnell, dass ihr Wert von Bedingungen abhängig ist.

Ganz anders ist es bei Gott, der jede Kind als sein Ebenbild geschaffen hat. Das gibt ihm seinen bedingungslosen Wert. Dass Kinder diese emotionale Sicherheit und Geborgenheit brauchen, zeigen John Bowlby und Mary Ainsworth in ihrer Bindungstheorie eindrücklich. Und doch schaffen es Eltern nicht, sich von ihren Ansprüchen zu befreien und das Kind völlig anzunehmen. Dabei braucht es diesen sicheren Hafen, bei dem es sich in Gefahr wenden kann. Nur dann ist es frei, die Welt zu erkunden.

Christliche Eltern zeigen ihren Kindern, dass sie bedingungslos geliebt werden. Nachweislich fällt es sicher gebundenen Kindern leichter, Gott zu vertrauen. Dazu gibt es sogar Studien. Eine gute Bindung ist die Basis für das Grundvertrauen des Kindes. Und das erleichtert eine gesunde Bindung an Gott. Den Kindern diese Sicherheit zu geben ist darum grade im Säuglingsalter ein wichtiger Bestandteil der Glaubenserziehung.

Problematisch wird es, wenn sich das Kind nicht nach unseren Erwartungen verhält, frech oder aggressiv reagiert oder andere ärgert. Kinder haben noch nicht gelernt, mit ihren Gefühlen adäquat umzugehen. Natürlich können wir nicht jedes Verhalten akzeptieren. Gott ist ein Vorbild, da er seinen Kindern mit viel Geduld folgt. Er bleibt dran und doch müssen seine Kindern nicht bei jedem Fehler fürchten, aus seiner Gnade zu fallen. Und selbst wenn sie wie der verlorene Sohn eigene Wege gegangen sind und schmerzhafte Erfahrungen machen, dürfen seine Kinder zu ihrem Vater zurückkommen. Gott gibt ihnen immer wieder diese Sicherheit.

Geistige und geistliche Umwelt

Kinder sind gesellschaftlichen Einflüssen Medien, ausgesetzt. Medien vermitteln Schönheitsideale und die Designerpuppe ist nicht nur blond, sondern auch noch blauäugig und dünn. Kinder merken schnell, wenn sie nicht dazu passen. Der zu klein geratene Jugendliche oder das etwas bursikose Mädchen kann sich fragen, ob es nicht eigentlich ein ganz anderes Geschlecht hat und im falschen Körper geboren wurde. Als Christen können wir zusichern, dass sie gut geschaffen wurden.

Während Medieninhalte früher in Form von DVD oder CD nach Hause gekommen sind, strömen nun ungefiltert über Streaming-Angebote Serien auf Kinder ein, die von Eltern kaum kontrollierbar sind. Wollen wir diese Flut? Setzen wir Grenzen? Welche Inhalte wählen wir aus?

Wichtiger als jemals zuvor sind Schutzfilter, die vor angstmachenden und Gewaltdarstellungen schützen. Auf sie zu verzichten und auf die Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen, sinnvoll auszuwählen und sich zu begrenzen, ist bestenfalls naiv.

Es geht nicht darum, Kinder vor allen Einflüssen zu bewahren. Wir können auch gemeinsam Inhalte anschauen und mit ihnen kritisch darüber sprechen. Was wird hier vermittelt? Da gibt es die romantischen Filme, in denen vermittelt wird, dass der eine Partner die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit verhindert und ausgetauscht wird, während der andere hilft, das eigene Potenzial zu entfalten. Das Muster wiederholt sich und vermittelt ein egozentrisches Weltbild, anstatt die Erfüllung in partnerschaftlichen Hingabe zu suchen. Andere Filme vermitteln die Botschaft: „Hör auf deine Gefühle“. Daran mag etwas dran sein, aber die kritische Prüfung darf nicht fehlen, wenn der Mensch nicht zum Tier werden will, das nur noch nach Reflexen handelt. Warum nicht darüber einmal kritisch sprechen?

Kinder brauchen Schutz. Sie müssen nicht jede Erfahrung machen. Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden. Manche Kinder werden Dinge intuitiv meiden und brauchen weniger Schutzmaßnahmen, während andere mutiger sind. Die Bedürfnisse, die durch Medien befriedigt werden, sind unterschiedlich. Schutzmaßnahmen sind wichtig, um die Familienatmosphäre zu bewahren und dem Kind die Freude am Entdecken zu erhalten.