Tool #7: Der Kraftdämpfer: Gegenwirkende Erziehungsmaßnahmen

Durch gegenwirkende Erziehungsmaßnahmen versuchen Eltern, Erzieher oder Lehrkräfte unerwünschtes Verhalten zu reduzieren. Sie reagieren, wenn das Kleinkind ein anderes kratzt oder beißt. Sie handeln, wenn Kinder andere schlagen, mobben oder respektlos behandeln.

Eltern wählen sanfte, aber wirksame Methoden, um ihr Kind zu erziehen. Wenn ein Gespräch ausreicht und das Kind sein Verhalten ändern kann, ist eine Strafe nicht notwendig. Manchmal sind die natürlichen Konsequenzen schon schmerzhaft genug, da müssen Eltern nicht eingreifen. Niemand, der am Boden liegt, braucht einen Tritt. Und doch braucht es Maßnahmen, die etwas bewirken.

Immer wichtig: Gespräche, Ermahnungen, Folgen aufzeigen

Kinder sollen nicht nur Dinge lassen, sondern auch verstehen, dass ihre Taten Konsequenzen haben. Wenn man seine Zähne nicht putzt, bekommt man Zahnschmerzen. Ohne Ausbildung wird es schwer, Arbeit zu finden. Daher ist es wichtig, Kindern die Konsequenzen ihres Handelns zu erklären.

Auch König Salomo betonte die Bedeutung von Einsicht und ermutigte seinen Sohn, klug zu sein und Weisheit zu sammeln, um sich zu schützen (Sprüche 2,11; 4,5; 5,1). Genau das werden sie nicht immer tun. Oft werden Kinder „stur“ bleiben, auch wenn wir ihnen die Zusammenhänge noch so gut erklären. Andere Male sind sie einsichtig und ein Gespräch ist völlig ausreichend.

Manchmal ist es angebracht, das Gespräch in einem ruhigen späteren Moment zu führen. Nachdem sich die ersten Emotionen beruhigt haben, geht es dann vielleicht besser. Und doch sollte es zeitnah passieren. Langes Diskutieren führt zu einem Schlagabtausch, bei dem sich Positionen verfestigen. Es geht nicht darum, auf ein Kind einzureden. Aber das Gespräch ist unumgänglich. Teilweise wirkt es für sich. Andere Male begleitet es andere Erziehungsmaßnahmen. Auch wenn das Kind nicht zugibt, die Sache einzusehen – manches wirkt trotzdem nach. Nur wenn Einsicht am Ende der Erziehungsmaßnahme steht, ist das Verhalten verinnerlicht. Genau darum ist das Gespräch so wesentlich.

Königsweg: Wiedergutmachung

Die Wiedergutmachung zeigt dem Kind: „Einen Schaden, den du angerichtet hast, kann man beheben.“ Das ist zwar nicht immer möglich, in einigen Fällen aber doch. Macht ein Kind den Turm eines anderen kaputt, kann es ihn wieder aufbauen. Das Kind sieht, welche Arbeit damit verbunden war, lernt sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und nebenbei selbst eben auch einen Turm zu bauen. Andere Beispiel sind: Das Kind beschädigt das Spielzeug eines Freundes und ersetzt es durch ein eigenes Spielzeug. Das Chaos im Zimmer wird aufgeräumt. Immer lernt das Kind, welche Folgen das eigene Handeln hatte.

In vielen Fällen ist eine Wiedergutmachung nur begrenzt möglich. Fügt es einem anderen Kind Schmerzen zu, kann es trösten und den Schmerz erträglich machen. Es kann überlegen, wie es eine Freude bereiten kann und was dem anderen guttut. Den Schmerz wegzunehmen ist nicht möglich, aber die Folgen des Handelns zu sehen, zu verstehen und damit umzugehen.

Wenn es die Situation zulässt, ist diese Erziehungsmaßnahme in jedem Fall sinnvoller, als dem Kind einfach eine schmerzhafte „Strafe“ zukommen zu lassen. Was nutzt es dem Opfer, wenn das Kind zwei Tage Hausarrest hat oder nicht fernsehen darf? Und was lernt das Kind dabei? Umgekehrt lernt es durch die Wiedergutmachung, wie zerbrochene Beziehungen wieder besser werden können, wie man sich verhalten kann, wenn man einen Fehler gemacht hat und eine ganze Menge Einfühlungsvermögen.

Der erste Schritt auf das Opfer zuzugehen ist für das Kind oft schwer. Aber genau das ist es doch, worum es auch Christen geht: Schuld eingestehen, zu bekennen, das Opfer um Vergebung zu bitten und einen Schaden so gut es möglich ist wieder auszugleichen.

Nicht schlecht: Natürliche Folgen eintreten lassen

Braucht es wirklich immer eine Strafe? Oder ist das Kind nicht genug gestraft, wenn es die Folgen seines Handelns spürt?

Sogar Gott lässt sein Volk die Folgen seines Handelns spüren, ohne dem etwas hinzuzufügen. Er zieht einfach seinen Schutz vorübergehend und in begrenztem Umfang zurück. Israel erlebt die Folgen seines Handelns. Die Feinde fallen über das Volk her. Aber auch wenn das passiert, vergisst Gott sein Volk nicht. Er hilft ihm wieder auf und holt es zurück (5. Mose 4,29-31).

Es tut weh, wenn ein Kind etwas verliert, weil es nicht aufpasst, oder friert, weil es nicht warm genug angezogen ist. Manches wollen wir verhindern, obwohl die Erfahrung für das Kind einen nachhaltigen und intensiven Lerneffekt hätte.

Nicht jede Erfahrung können wir das Kind machen lassen. Läuft es auf die vielbefahrene Schnellstraße, ist das Risiko einfach zu groß. Wo die Grenze liegt, müssen Eltern sorgfältig abwägen. Und manchmal sind die Folgen für die Eltern zu anstrengend, wenn sie z.B. die schlechte Laune ihres Kindes am nächsten Tag aushalten sollen, weil es nicht ins Bett geht. Natürliche Folgen eintreten zu lassen ist keine Universallösung und doch in vielen Fällen eine Möglichkeit, die unterschätzt wird.

Bei dieser Erziehungsmaßnahme ist es ratsam, auf belehrende Kommentare nach dem Motto „Siehst du, das hast du davon“ zu verzichten, wenn die Maßnahme erfolgreich sein soll. Das Kind kann sich dann mit der Sache an sich beschäftigen, anstatt sich auf einen Konflikt mit den Eltern zu konzentrieren. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, als ob man es schon immer besser gewusst hätte.

Manchmal notwendig: Logische Folgen arrangieren

Logische Folgen sind von natürlichen Folgen abgeleitet. Eltern setzen sie ein, um das Kinderverhalten zu beeinflussen. Wenn ein Kind nicht die Zähne putzt, bekommt es keine Süßigkeiten oder zuckerhaltigen Getränke. Ein kleines Kind, das immer auf die Straße rennt, muss die Hand der Eltern halten. Wenn man abends zu lange wartet, verpasst man die Gute-Nacht-Geschichte. Das Handeln der Eltern steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Verhalten des Kindes.

Die Erziehungsmaßnahme hat gegenüber zusammenhanglosen Strafen den Vorteil, dass die Folgen vom Kind eher auf die eigene Handlung zurückgeführt werden können. Es wird deutlich, dass die Folge mit dem eigenen Verhalten zusammenhängt und nicht einfach ein willkürliches Machthandeln von Erziehenden ist.

Und doch wird es von Kindern oft genauso wahrgenommen. Darum können wir unsere Maßnahme nicht alleine daran messen, ob das Kind sie als angemessen anerkennt. Eine logische Folge erhöht die Wahrscheinlichkeit und ist darum die Alternative der Wahl gegenüber einer zusammenhanglosen Strafe, wenn es irgendwie möglich ist. Und doch ist der Grad manchmal schmal zwischen der „logischen Folge“ und der „Strafe“.

Umstritten: Strafe

In der Pädagogik ist der Begriff „Strafe“ oft negativ behaftet, da er heute oft mit einem willkürlichen „wehtun“ von Erziehenden verbunden wird. Und doch werden alle gegenwirkenden Erziehungsmaßnahmen unangenehm sein. Wer will schon seinen Schaden sehen und „wiedergutmachen“? Wer möchte Folgen seines Handelns spüren?

Eigentlich war es schon immer so, dass die „Strafe“ aus pädagogischer Sicht mit dem „Fehlverhalten“ irgendwie in einer Verbindung stehen sollte. Früher wurde das als „sinnvolle“ Strafe gesehen. Heute wird der Begriff „Strafe“ oft enger verstanden. Alles was unpädagogisch, zusammenhanglos und lieblos ist, wird als Strafe bezeichnet. Das heißt aber nicht, dass es aus pädagogischer Sicht richtig ist, alles laufen zu lassen.

Klar ist: Erziehende haben den Auftrag, Fehlverhalten entgegenzuwirken. In Kindergärten oder Schulen passiert das automatisch, anders funktioniert es schließlich nicht. Die gewählten Mittel sind vom Kind, von der Situation und von Erziehenden abhängig. Es gibt keine Pauschalempfehlungen. Sinnvoll ist es abzuwägen: Ist eine Wiedergutmachung möglich? Ist es verantwortbar, das Kind die Handlungsfolgen spüren zu lassen? Gibt es logische Konsequenzen, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Fehlverhalten stehen? Oder müssen andere Mittel gewählt werden?

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Wichtig ist, die Entscheidung des Kindes wirklich zu akzeptieren. Christliche Eltern erklären die Folgen, aber drängen nicht. Sie zeigen kein „Ich weiß es besser“, wenn das, wovor sie gewarnt haben, passiert. Gott zeigt Israel in der Not auf, wie die schmerzhaften Situationen entstanden sind und bringt sein Volk dann liebevoll zurück.

Nach 5. Mose 4 lässt Gott Israel Folgen spüren, wenn es anderen Göttern folgt. Gott schickt sie dann in andere Länder, wo sie diese Götter noch besser kennenlernen können (5. Mose 4,28). Er unterstützt das Volk gewissermaßen, den eigenen Weg zu gehen und wichtige Erfahrungen zu machen. Das geschieht z. B. in der babylonischen Gefangenschaft. Aber Gott verspricht, dass er sein Volk nie vergisst, wieder helfen wird und auf sie wartet.

Bereits bei der Landeinnahme von Kanaan erfährt Israel von Gott, zu welchen Folgen ihr Handeln führt. Gott zieht nach vielen Bemühungen seinen umhüllenden Schutz zeitweise zurück. Sie spüren die Konsequenzen ihres eigenen Handelns, ohne dass Gott sie noch zusätzlich bestraft. Ähnlich ergeht es Israel, als es nach Babylon von einem fremden Volk weggeführt wird (vgl. 5. Mose 1,45). Die Hilferufe bleiben vorübergehend unbeantwortet. Für seine Situation ist Israel selbst verantwortlich. Das Volk muss scheinbar die Erfahrungen machen und wird von Feinden überrannt. Dennoch übermittelt Gott als fürsorglicher und liebender Erzieher, der sein Volk unendlich liebt, von Anfang an die Botschaft: „Ich werde euch erneut helfen und euch retten.“ Das Volk darf sich sicher sein, dass es trotz aller Probleme sein Volk bleibt und Gott es nicht verlassen wird.

Wenn wir unsere Kinder ausreichend gewarnt haben und ihnen klargemacht haben, wie wichtig es ist, unsere Ratschläge zu befolgen, kann es gelegentlich nützlich sein, wenn sie eigene Erfahrungen sammeln. Christliche Eltern helfen ihnen dann, diese Erfahrungen zu verarbeiten. In manchen Momenten ist es angebracht Kindern zu erlauben, ihren eigenen Weg trotz vieler Risiken zu gehen, anstatt sie in Watte zu packen. Bei geringeren Risiken kann die Verwendung dieser Warnung sogar entfallen. Nichts ist effektiver als das Lernen aus Erfahrungen. Und wer weiß – vielleicht funktioniert ja sogar, was das Kind sich ausgedacht hat?

Es hängt immer davon ab, wie viel Widerstand das Kind gegen sinnvolle Ratschläge leistet. Wenn das Kind trotz vieler Warnungen sein Spielzeug unvorsichtig behandelt, wird man es die Erfahrung machen lassen, dass es beschädigt wird. Empathische christliche Eltern werden mitfühlen und trösten. Das Kind wird den Wert von Besitz erlernen. Aus dem ewigen Kampf wird eine wichtige Lernerfahrung, und die Eltern sind nicht die Gegner, sondern diejenigen, die helfen und trösten. Ein Kommentar in der Art von „Du bist ja selbst schuld“ kann jedoch alles wieder zunichtemachen. Das Kind wird sich dann mehr über die Eltern ärgern, als über sich selbst.