Vorbild in der Erziehung

„Ich erinnere mich deines aufrichtigen Glaubens, der zuerst wohnte in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike und, davon bin ich überzeugt, auch in dir.“ (1. Timotheus 1,5)

Das gelebte Vorbild ist die stärkste Kraft in der christlichen Erziehung – nicht nur durch das, was wir sagen lernen unsere Kinder, sondern wie wir unseren Alltag gestalten, mit Medien umgehen und unseren Glauben in Gemeinschaft leben.

Vorbild in der Erziehung

Der Moment, der alles sagt – Wenn unser Leben spricht

Stellen Sie sich vor, Ihr Kind hat gerade einen Rückschlag erlebt: Eine Note, die enttäuscht, ein Streit mit Freunden, ein geplatzter Traum. Oder Sie selbst erleben grade etwas, das in Ihrem Leben schiefläuft. Wie reagieren Sie? Gehen Sie sich frustriert in die Küche, um die Nerven zu beruhigen? Oder ringen Sie mit Gott, bitten ihn um Weisheit und Trost und lernen, ihm in dieser Situation zu vertrauen? Kinder beobachten uns ständig, und in diesen entscheidenden Momenten lernen sie mehr als in jeder Predigt oder jedem Vortrag. Sie sehen, wie wir mit Druck umgehen, wo wir Prioritäten setzen, wie wichtig und Zeit mit Gott oder die Gemeinde ist und wohin wir uns wenden, wenn das Leben schwierig wird. Diese ungesprochenen Lektionen prägen sich tief ein.

Das stärkste Fundament: Warum das Vorbild in der Erziehung unersetzlich ist

Sei den Gläubigen ein Vorbild im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Reinheit.“ (1. Timotheus 4,12)

Die wichtigste Erziehungsmethode in der christlichen Pädagogik ist das Vorbild. Die Bibel ist voll von Vorbildern und Lebensgeschichten. Sie ist keine systematische Abhandlung, sondern hat eine biographische Perspektive. Warum? Weil sich durch das Leben anderer unwahrscheinlich viel lernen lässt.

Jesus als ultimatives Vorbild

Im Neuen Testament steht bei der Ausbildung der Jünger das Vorbild im Mittelpunkt. Die Jünger haben Jesus drei Jahre lang begleitet und ihm bei seiner Arbeit zugeschaut. Auch mit unseren eigenen Kindern verbringen wir viel Zeit. Das Vorbild in der Erziehung ist wesentlich. Keine Schule oder Studium kann das Beobachten ersetzen. Bis heute geht es Christen darum, ihr Leben zu teilen. In lebendigen Gemeinden wird gemeinsam gelebt, Häuser werden geöffnet und Glauben im Alltag praktisch.

Jesus setzt das Mittel des Vorbilds in der Erziehung seiner Nachfolger sogar ganz gezielt ein, als er die Füße der Jünger wäscht und sie auffordert, einander das Gleiche zu tun. Er selbst ist auf die Welt gekommen, um sein Leben für andere hinzugeben1. Welche Wirkung wird es auf Kinder haben, wenn Eltern in diesem Maß opferbereit sind? Das heißt nicht, sie zu vergöttern und zu verhätscheln. Das hat Jesus mit seinen Jüngern auch nicht gemacht. Im Gegenteil. Er redet Klartext.

Reife Christen leiten Jüngere an und Paulus ist so selbstbewusst, dass er sagen kann: „Seid meine Nachfolger“2. Dabei geht es nicht darum, alles beliebig nachzuahmen, sondern Paulus darin zu folgen, dass er Christus hinterhergeht und ihn in das Zentrum seines Lebens rückt und vieles für seinen Glauben aushält. Dass Paulus das sagt, setzt voraus, dass die anderen sein Leben kennen und selbst sehen können, wie er lebt.

Historische Einblicke: Christliche Pädagogik

Und christliche Pädagogik in neuerer Zeit? Christen wie Johann Hinrich Wichern waren die ersten, die Waisenhäuser gegründet haben, weil sie die Not der Kinder sahen. In familienähnlichen Gemeinschaften gaben sie ihren Glauben weiter. Pestalozzi war ein engagierter und einflussreicher christlicher Pädagoge. Er gründete in Stanz eine familienähnliche Gemeinschaft, in denen er sein Leben mit Kindern teilte. Pestalozzi sprach mit den Kindern, wenn sie einschliefen (oder besser: er mit ihnen einschlief) und lehrte sie, was sie für ihr Leben wissen mussten, allen voran den Respekt vor dem großen Schöpfer. Es ging Pestalozzi nicht nur um seinen Glauben, sondern um mehr und auch um Bildung, um das Leben erfolgreich zu bewältigen. Er war mehr als ein distanzierter Lehrer, er teilte sein Leben mit „seinen“ Kindern. Er war nicht „professionell“, er wurde zu einem Vorbild in der Erziehung, das die Kinder im Alltag beobachten konnten.

Bis heute ist Pestalozzi in der Pädagogik bekannt. Über seinen Glauben, der ihn antrieb, wird wenig gesprochen. Bekannt ist er für seinen Trias, mit „Kopf, Herz und Hand“ zu lernen – bis heute ein wichtiges Prinzip der Reformpädagogik. Wichtig war es ihm nicht nur der Kopf, sondern es geht ihm darum, ihr Herz zu erreichen, in dem geistliche Früchte (Tugenden wie Geduld, Freundlichkeit etc.) wachsen. Täglich las er selbst in der Bibel. Die intensive Zeit mit seinem Herrn gab ihm Kraft, bei den Kindern zu sein, bis sie einschliefen. Er lehrte seinen Kindern nicht nur in klösterlicher Weise Glauben, sondern entdeckte, was Gott in sie hineingelegt hatte und entfalten wollte.

Auch heute gibt es christlich-therapeutische Gemeinschaften, die genau nach diesem Prinzip arbeiten, das Leben zu teilen. Auch Jugendliche, die es an der einen oder anderen Stelle aus der Bahn wirft, finden hier Hilfe bei psychischen oder Suchtproblemen. Die Mitarbeiter verstehen sich nicht nur als Arbeitnehmer, sondern lassen sich auf Nähe ein. Es gibt z. B. christliche Therapieeinrichtung der ACL oder Gefährdetenhilfen für Abhängige, Straffällige oder Menschen mit psychischen Problemen. Hier verstecken sich Therapeuten nicht hinter einer professionellen Fassade, sondern lassen sich auf eine Begegnung von Mensch zu Mensch ein. Auch in vielen lebendigen christlichen Gemeinden wird leben miteinander geteilt.

Das Vorbild in medialen Räumen: Mehr als nur Filter

In der digitalen Welt sind wir als Eltern mehr denn je gefordert, Vorbild zu sein. Kinder verbringen heute aber auch viel Zeit mit Medien – von Hörspielen bis zu Bildschirmen und haben auch hier Vorbilder. Sich allein auf technische Jugendschutzfilter zu verlassen, reicht nicht aus. Statt nur zu begrenzen, sollten wir aktiv positive Inhalte und Glaubensvorbilder auswählen, beispielsweise auf einem selbst bestückten Audioplayer. Dazu können wir uns mit anderen austauschen – ein paar christliche CD’s reichen heute nicht mehr. Es braucht ein ganzes Medienbad, in dem sich unsere Kinder bewegen können. Die „3 vom Ast“ sind da ein guter Einstieg.

In der Pädagogik wird von Modelllernen oder von der sozialkognitiven Theorie gesprochen. Die Theorie dazu hat Albert Bandura ausgearbeitet, die bis heute in der Erziehungswissenschaft beachtet wird – ganz besonders im Bereich der Medien. Es wird heute anerkannt, wie wichtig das Modellverhalten von Erziehenden ist. Anstatt Medien zu verbieten, können wir als Christen bewusst Vorbilder anbieten und den Glauben dadurch positiv prägen.

Das Vorbild in sozialen Räumen: Gemeinschaft leben

Glaube wird in christlicher Gemeinschaft lebendig und Jesus Christus hat versprochen, hier in besonderem Maße anwesend zu sein. Für unsere Kinder ist es entscheidend, Jesus nicht nur aus Geschichten zu kennen, sondern ihm in realen, sozialen Räumen zu begegnen. Das sporadische Besuchen christlicher Angebote reicht dafür kaum aus; Kinder brauchen den festen Anschluss an eine Gemeinde, die zu ihrem Lebensraum wird und in dem sie viele weitere Glaubensvorbilder erleben. Wir als Eltern sind Vorbild, wenn wir uns aktiv in eine Gemeinschaft einbringen und sie mitgestalten. Manchmal bedeutet das, die Komfortzone zu verlassen und eine neue Gemeinde zu suchen, in der Jesus im Zentrum steht. Grade dann, wenn wir den Anschluss verloren haben. Unsere Kinder brauchen andere Kinder und Mitarbeiter ihren Glauben mit Herz teilen. Ihnen helfen Weggefährten und authentische Vorbilder, um ihren eigenen Glauben zu entdecken und zu leben.

Eltern als Glaubensvorbilder

Das Wichtigste sind wir selbst. Unsere Kinder sehen, wie wir als christliche Eltern mit Überraschungen im Leben umgehen. Christliche Eltern sind ganz natürliches Vorbild in der Erziehung. Auch da geht es darum, das Kind zuschauen zu lassen, das eigene Leben zu teilen, über persönliche Werte, den Glauben und Beweggründe für Entscheidungen zu sprechen. Nehmen wir sie aus Gottes Hand? Sie beobachten, wo wir Prioritäten setzen, wie wir unsere Zeit, unsere Energie und unser Geld einsetzen. In welche Gewohnheiten investieren wir? Welche regelmäßigen Gewohnheiten haben wir? Studien belegen, dass wir als authentische Vorbilder unseren Glauben erfolgreich vermitteln. Und doch sollten wir nicht die einzigen Vorbilder bleiben, sondern unsere Kinder brauchen auch einen medialen und sozialen Raum, in dem sie lernen und den Glauben entdecken können.

Praktische Anregungen

Lassen Sie Ihre Kinder zuschauen: Integrieren Sie Ihre Kinder in Ihren Alltag und zeigen Sie ihnen auch, wie sie ihren Glauben leben. Ob beim Beten, beim Dienst in der Gemeinde, beim Umgang mit Rückschlägen oder beim Planen des Familienbudgets – lassen Sie sie miterleben, wie Sie leben.

Teilen Sie Ihr Leben transparent: Sprechen Sie offen über Ihre persönlichen Werte, Ihren Glauben und die Beweggründe für Ihre Entscheidungen. Erklären Sie, warum Sie bestimmte Dinge tun oder lassen. Seien Sie ehrlich über Ihre Fehler und wie Sie damit umgehen.

Positive Vorauswahl treffen: Suchen Sie gezielt positive Medienvorbilder. Richten Sie Mediaplayer oder Geräte mit einer bewusst zusammengestellten Bibliothek an christlichen Hörspielen, Liedern und kindgerechten Filmen ein. Besorgen Sie zahlreiche christliche Kinderbücher.

Gemeinsam Medien nutzen: Schauen oder hören Sie bewusst gemeinsam mit Ihren Kindern Medien. Nutzen Sie dies als Gesprächsanlass, um über Inhalte, Werte und Botschaften zu sprechen.

Austausch mit anderen Eltern: Teilen Sie Empfehlungen für gute christliche Medienangebote mit anderen Familien und schaffen Sie so ein Netzwerk für bewusste Medienerziehung. Richten Sie Messenger-Gruppen ein, geben Sie Bücherpakete weiter und verleihen Sie großzügig.

Aktive Gemeindezugehörigkeit leben: Suchen Sie eine Gemeinde, die Jesus Christus im Zentrum hat, einen Fokus auf Kinder- und Jugendarbeit hat und in der Sie sich als Familie aktiv einbringen können. Gehen Sie regelmäßig und zeigen Sie Ihren Kindern, dass Gemeinschaft zum Glauben dazugehört. Opfern Sie nicht Ihre Kinder für die Treue zu Ihrer Gemeinde, wenn Sie den Eindruck haben, dass ihre Kinder hier nicht im Glauben wachsen können.

Selbst Vorbild sein: Bringen Sie sich als Elternteil in die Gemeindearbeit ein, sei es im Kinderdienst, in der Gastfreundschaft oder durch kleine Dienste. Ihre Kinder sehen, dass Ihr Glaube auch im Miteinander gelebt wird.

Glaubensbeziehungen fördern: Ermutigen Sie Ihre Kinder, Freundschaften mit anderen christlichen Kindern zu schließen. Ermöglichen Sie ihnen den Kontakt zu reifen Glaubensvorbildern in der Gemeinde, die sie inspirieren können.

Key Takeaways

Die Bibel lehrt durch Vorbilder – gute und schlechte. Es wird mehr von praktischen Erlebnissen von Menschen mit Gott erzählt, als durch systematische Erklärungen. Jesus und Paulus waren Meister im Vorleben des Glaubens und der Nachfolge – sie haben ihr Leben geteilt.

Das Vorbild ist die wichtigste Erziehungsmethode in der christlichen Pädagogik. Historische Persönlichkeiten wie Pestalozzi haben das Prinzip des „Lebens-Teilens“ erfolgreich angewendet.

Wir Eltern können unseren Glauben am besten weitergeben, wenn wir selbst Vorbilder sind.

Gemeinschaft ist essenziell: Glaube wird in sozialen Räumen wie der Gemeinde lebendig und erfahrbar.

Christliche Medienangebote können starke Identifikationsfiguren und Impulse für den Glauben liefern.

  1. Matthäus 20,25-28 ↩︎
  2. 1. Korinther 11,1; Epheser 5,1-2 ↩︎