Vorbild in der Erziehung

Die wichtigste Erziehungsmethode in der christlichen Pädagogik ist das Vorbild. Die Bibel ist voll mit Vorbildern und Lebensgeschichten. Sie ist keine systematische Abhandlung, sondern hat eine biographische Perspektive. Warum? Weil sich durch das Leben anderer unwahrscheinlich viel lernen lässt.

In der Pädagogik wird von Modelllernen oder von der sozialkognitiven Theorie gesprochen. Die Theorie dazu hat Albert Bandura ausgearbeitet, die bis heute in der Erziehungswissenschaft beachtet wird. Dort wird ebenfalls anerkannt, wie wichtig das Modellverhalten von Erziehenden ist.

Im Neuen Testament steht bei der Ausbildung der Jünger das Vorbild im Mittelpunkt. Die Jünger haben Jesus drei Jahre lang begleitet und ihm bei seiner Arbeit zugeschaut. Auch mit unseren eigenen Kindern verbringen wir viel Zeit. Das Vorbild in der Erziehung ist wesentlich. Keine Schule oder Studium kann das Beobachten ersetzen. Bis heute geht es Christen darum, ihr Leben zu teilen. In lebendigen Gemeinden wird gemeinsam gelebt, Häuser werden geöffnet und Glauben im Alltag praktisch.

Unsere Kinder sehen, wie wir als christliche Eltern mit Überraschungen im Leben umgehen. Nehmen wir sie aus Gottes Hand? Sie beobachten, wo wir Prioritäten setzen, wie wir unsere Zeit, unsere Energie und unser Geld einsetzen. In welche Gewohnheiten investieren wir? Welche regelmäßigen Gewohnheiten haben wir? Studien belegen, dass wir als authentische Vorbilder unseren Glauben erfolgreich vermitteln.

Vorbild in der Erziehung

Jesus setzt das Mittel des Vorbilds in der Erziehung seiner Nachfolger sogar ganz gezielt ein, als er die Füße der Jünger wäscht und sie auffordert, einander das Gleiche zu tun. Er selbst ist auf die Welt gekommen, um sein Leben für andere hinzugeben1. Welche Wirkung wird es auf Kinder haben, wenn Eltern in diesem Maß opferbereit sind? Das heißt nicht, sie zu vergöttern und zu verhätscheln. Das hat Jesus mit seinen Jüngern auch nicht gemacht. Im Gegenteil. Er redet Klartext.

Reife Christen leiten Jüngere an und Paulus ist so selbstbewusst, dass er sagen kann: „Seid meine Nachfolger“2. Dabei geht es nicht darum, alles beliebig nachzuahmen, sondern Paulus darin zu folgen, dass er Christus hinterhergeht und ihn in das Zentrum seines Lebens rückt und vieles für seinen Glauben aushält. Dass Paulus das sagt, setzt voraus, dass die anderen sein Leben kennen und selbst sehen können, wie er lebt.

Und christliche Pädagogik in neuerer Zeit? Christen waren die ersten, die Waisenhäuser gegründet haben. Pestalozzi war ein engagierter und einflussreicher christlicher Pädagoge. Er gründete in Stanz eine familienähnliche Gemeinschaft, in denen er sein Leben mit Kindern teilte. Pestalozzi sprach mit den Kindern, wenn sie einschliefen und lehrte sie, was sie für ihr Leben wissen mussten. Es ging ihm nicht nur um seinen Glauben, sondern um viel mehr. Er war mehr als ein distanzierter Lehrer, er teilte sein Leben mit „seinen“ Kindern. Er war nicht „professionell“, er wurde zu einem Vorbild in der Erziehung, das die Kinder im Alltag beobachten konnten.

Bis heute ist Pestalozzi in der Pädagogik bekannt. Über seinen Glauben, der ihn antrieb, wird wenig gesprochen. Bekannt ist er für seinen Trias, mit „Kopf, Herz und Hand“ zu lernen – bis heute ein wichtiges Prinzip der Reformpädagogik. Wichtig war es ihm nicht nur der Kopf, sondern es geht ihm darum, ihr Herz zu erreichen. Täglich las er selbst in der Bibel. Die Zeit mit seinem Herrn gab ihm Kraft. Es ging ihm darum, die Worte für sich persönlich zu entdecken, nicht sie theologisch zu analysieren. Kennzeichnend war es für ihn, sich als Kind Gottes zu erleben. Er lehrte seinen Kindern nicht nur in klösterlicher Weise Glauben, sondern entdeckte, was Gott in sie hineingelegt hatte und entfalten wollte.

Heute gibt es christlich-therapeutische Gemeinschaften, die genau nach diesem Prinzip arbeiten, das Leben zu teilen. Auch Jugendliche, die es an der einen oder anderen Stelle aus der Bahn wirft, finden hier Hilfe bei psychischen oder Suchtproblemen. Die Mitarbeiter verstehen sich nicht nur als Arbeitnehmer, sondern lassen sich auf Nähe ein. Es gibt z. B. christliche Therapieeinrichtung der ACL oder Gefährdetenhilfen für Abhängige, Straffällige oder Menschen mit psychischen Problemen. Hier verstecken sich Therapeuten nicht hinter einer professionellen Fassade, sondern lassen sich auf eine Begegnung von Mensch zu Mensch ein. Auch in vielen lebendigen christlichen Gemeinden wird leben miteinander geteilt.

Christliche Eltern sind ganz natürliches Vorbild in der Erziehung. Auch da geht es darum, das Kind zuschauen zu lassen, das eigene Leben zu teilen, über persönliche Werte, den Glauben und Beweggründe für Entscheidungen zu sprechen.

  1. Matthäus 20,25-28 ↩︎
  2. 1. Korinther 11,1; Epheser 5,1-2 ↩︎